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Kredite für Spekulation und Profitvermehrung – oder besser fürs Gemeinwohl?

1.000 Milliarden Euro will die Europäische Kommission bis 2030 in Klimaschutzmaßnahmen investieren. Ob diese Summe angesichts der erforderlichen Investitionen in nachhaltiges Wirtschaften ausreichen wird, wird sich weisen. Auch wenn sie auf den ersten Blick hoch erscheint, nimmt sich diese für zehn Jahre veranschlagte Summe etwa im Vergleich mit den 429 Mrd. US-Dollar, die der Finanzriese Blackrock allein im Vorjahr an frischem Geld einsammelte, bescheiden aus. Zumal die zunehmend drängenden Klimaprobleme nur einen Aspekt einer viel weitreichenderen ökologischen Krise (Versäuerung der Weltmeere, Verlust von Artenvielfalt und Insektensterben, globale Ressoucenübernutzung etc.) darstellen. Was es aus unserer Sicht daher bräuchte: einen grundlegenden Umbau unseres Wirtschafts- sowie unseres Geld- und Finanzsystems. Gerade letzteres bildet einen entscheidenden Hebel, um unsere Wirtschaft und unsere Lebensweise dauerhaft zukunftsgerecht zu gestalten. Denn dies wird in vielen Debatten kaum berücksichtigt: Unsere Wirtschaft ist gestaltbar – und Geld kann und muss dafür gezielt eingesetzt werden! Aus diesem Grund gehen wir in unserem neuen Policy Paper der Frage nach, wie Kreditvergabe – und damit das große Privileg der elektronischen Geldschöpfung durch private Banken – in Zukunft dafür genutzt werden kann und soll, um unsere Wirtschaft nachhaltig, klimaschonend und insgesamt im Sinne des Gemeinwohls zu gestalten.

 

Kreditvergabe auf dem Prüfstand
Im ersten Quartal 2019 lag das weltweite Kreditvolumen laut Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) bei 184 Billionen US-Dollar – ein Vielfaches des eingangs genannten europäischen Klimaschutzpakets. Nach einem leichten Rückgang in Folge der globalen Finanzkrise ab 2008, zeigt der Trend bei den Kreditvergaben aktuell wieder nach oben. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass zwar die Kreditvergaben im Verhältnis zur weltweiten Wirtschaftsleistung steigen, das Wirtschaftswachstum jedoch sinkt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass beträchtliche Kreditsummen aktuell in Finanzspekulationen fließen, anstatt realwirtschaftliche Aktivitäten zu finanzieren. Und selbst in diesem Bereich tragen die größten Summen oft zur Finanzierung jener Bereiche bei, die gesellschaftlichen Schaden anrichten. So erhielt etwa der deutsche Chemiekonzern Bayer im Jahr 2016 von Großbanken Kredite in der Höhe von 56,9 Milliarden US-Dollar – für die Übernahme von Monsanto, dem Produzenten des Pflanzengifts Glyphosat, dessen Verbot in Österreich kürzlich vom Parlament beschlossen wurde (das sich aufgrund eines Formfehlers jedoch verzögert).

 

Ein Kreditwesen für einen nachhaltigen Wandel
Die Vergabe von Krediten bietet konkrete Möglichkeiten, um neben öffentlichen auch private Investitionen gezielt in ökologisch und sozial sinnvolle wirtschaftliche Aktivitäten zu lenken. Die Investitionen von heute bestimmen die Arbeit, Wirtschaft und Gesellschaft von morgen, einschließlich des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit auf dem Planeten. Investitionen können kreativ und produktiv sein (z. B. sinnvolle und nachhaltige Arbeitsplätze) oder zerstörerisch (z. B. Agrochemie, fossile Energie oder Waffen). Damit Investitionen die Ziele und Werte einer Gesellschaft unterstützen, müssen sie konsequent an diesen ausgerichtet werden. Bereits heute ist eine „finanzielle Risiko- oder Bonitätsprüfung“ von Krediten gesetzlich verpflichtend. Diese sagt jedoch nichts über die Wirkung einer Finanzierung auf die Umwelt, das Weltklima, den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Verteilung, das Geschlechterverhältnis, die Menschenwürde oder die Demokratie aus. Umso wichtiger ist es, dass in Zukunft Finanzierungen vor der finanziellen eine ethische Risiko- und Bonitätsprüfung durchlaufen müssen. Je nach Ergebnis einer solchen „Gemeinwohl-Evaluierung“, so unser Vorschlag, werden Investitionen vorrangig und kostengünstiger, teurer oder gar nicht finanziert. Drei konkrete Maßnahmen im Bereich Kreditvergabe können aus unserer Sicht sicherstellen, dass die Mittel des Wirtschaftens verlässlich den Zielen und Grundwerten der Gesellschaft dienen:

 

  • Kreditvergabe nur für realwirtschaftliche Investitionen
  • Eine verpflichtende ethische Risikoprüfung, die die Kreditkonditionen bestimmt
  • Kredite dürfen nicht mehr verbrieft und weiterverkauft werden.

 

Zum ausführlichen Policy Paper “Kreditvergabe als Gestaltungsmacht” geht es hier.